Anlässlich seines 90. Geburtstages trug Luc Ciompi seine persönliche Reflektionen zum Rätsel der Schizophrenie auf dem diesjährigen DGPPN-Kongress in Berlin vor – ohne Frage eine Highlight, dem mehrere Hundert Besucher im Saal sowie auf den Leinwänden im Außenbereich folgten. Seine Ausführungen waren ebenso persönlich, bewegend wie zukunftsweisend. Er schilderte seine persönliche und wissenschaftliche Annäherung zur „Sphinx“ der Schizophrenie: Dies beinhaltete u.a. die prägende Erfahrung mit der Erkrankung in seiner Familie, seine auf eigener Forschung beruhende Erkenntnis, dass die Schizophrenie häufiger als angenommen auch „heilen“ kann sowie die langjährige intensive Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse, der systemischen Therapie und auch antipsychiatrischen Ansätzen, die sich schließlich zu einem umfassenden Schizophrenie-Verständnis in Form seiner „Affektlogik“ verdichteten. Psychose entstehe bei vulnerablen Menschen als Folge eines unerträglichen Anstiegs der Affektspannung. Und Soteria sei der fundierte Versuch, diese durch milieutherapeutische Mittel zu reduzieren, was sich durch Forschung, klinische Erfahrung und auch aktuelle Forschung belegen lasse. Der Vorsitzende der Vortragsveranstaltung, Prof. Falkai, Lehrstuhlinhaber für Psychiatrie an der LMU München, nannte im Anschluss an den Vortrag Ciompi’s Wirken einen „Volltreffer der Translation“ und stellte besonders die erfolgreiche Übersetzung der Forschungsergebnisse in die therapeutische Praxis heraus. Bei der folgenden Diskussion, die sich v.a. um die Frage drehte, warum dennoch nicht mehr Soteria-Einrichtungen existieren, wurden v.a. die weiterhin unzureichende Datenlage, mit der eine Überlegenheit von Soteria gegenüber der herkömmlichen Klinikbehandlung nachgewiesen werden kann, sowie ökonomische und strukturelle Zwänge als Hinderungsgründe identifiziert. Dennoch endete die Veranstaltung mit einem vorsichtig optimistischen Ausblick und der von allen Beteiligten geäußerten Hoffnung, dass in nächster Zeit weitere Soteria-Einrichtungen initiiert werden. Insbesondere die Tatsache, dass nach der Charité in Berlin nun mit dem ZI Mannheim eine weitere Universitätsklinik eine Soteria eröffnet hat, wurde als positives Signal für die Zukunft der Soteria-Idee gewertet.